neue perspektiven

Interview mit Fimme Baarda und Wessel Veenstra von Atlanticyachts und Sören Knittel von nexus product design

Bei Atlantic werden Schiffe mit viel Liebe zum Detail von Hand gebaut. Dies bildet die Basis für ein neues Denken und Handeln, das in ein solides Designmanagement mündet, mit dem gemeinsamen Ziel, Handwerk, Konstruktion, Architektur und Design zu einer Manufakturleistung werden zu lassen. Das erste Resultat ist die „Atlantic 40feet series“.

Harlingen empfängt uns mit Sonnenschein. Der Wind weht mit 6 Bft aus Richtung Nordwest. Zahlreiche Segelboote liegen im werfteigenen Hafen. Unter ihnen einige Atlantic-Yachten. Für ihre Besitzer ist dieser Ort ein Tor zu Freiheit und Unbeschwertheit.
Im Verwaltungsgebäude ist Teakholzparkett verlegt. Auf dem Schreibtisch des technischen Leiters und Geschäftsführers Wessel Veenstra liegt eine offene Mappe mit Konstruktionsplänen, daneben liegen Handskizzen und ein paar Kugelschreiber. Eine dicke Segeljacke hängt griffbereit über der Rückenlehne seines Schreibtischstuhls. Daneben stehen, gut verpackt, neue Andersen-Winschen für die Yacht eines Kunden. Geschäftsführer und Verkaufsleiter Fimme Baarda sitzt ihm gegenüber. Hinter seinem Schreibtisch hängt ein großes Board mit Zugangsschlüsseln zu allen im Hafen liegenden Yachten.

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Nexus: Herr Baarda, erzählen Sie uns zum Einstieg ein wenig über die Geschichte der Werft.

Fimme Baarda: Wir haben die Werft vom Gründer Leo van Oostenbrugge übernommen. Leo war seiner Zeit der Pionier im Aluminiumyachtbau. Wir haben Jahre zuvor auch schon mit ihm zusammengearbeitet. Wessel war sein Techniker und ich war für den Verkauf zuständig. Gemeinsam mit Dick Zaal und unseren Kunden haben wir die Modelle entwickelt.

Nexus: Leo ist Pionier im Aluminiumyachtbau. Was ist seine Philosophie?

Fimme Baarda: Er war - und ist - noch immer ein Weltumsegler. Seine Vision waren Schiffe mit variablem Tiefgang, die jede Situation auf See souverän meistern, die aber auch vor Vlieland, im Wattenmeer, trockenfallen können. Außerdem die Vision von Yachten, die nach zwei Atlantiküberquerungen wieder unbeschädigt ihren Heimathafen erreichen. Das ist immer noch unser Leitmotiv und wir haben Erfolg damit.

Nexus: Herr Veenstra, können Sie uns etwas über die technischen Inhalte dieser Philosophie erzählen?

Wessel Veenstra: Die Anforderungen, die an unsere Yachten gestellt werden und die wir selber stellen, setzen Innovationen voraus. Alle Komponenten der Schiffe sind auf Sicherheit, Steifheit und Komfort ausgelegt. Diese Anforderungen stellen wir auch an unsere Zulieferer.
Unsere heutigen Modelle sind komplett „custom-made“. Das heißt, der Rumpf mit Kielschacht, das gesamte Deck und das Cockpit bilden die Basis. Sie sind untrennbar miteinander verbunden. Die Kielkonstruktion, die Elektrik, das Interieur und Anbaukomponenten, wie z.B. der Mast, werden auf Maß gefertigt und verbaut.
Menschen, die eine Yacht bei uns bestellen, haben einen Traum, den sie leben möchten. Sie wissen, was sie wollen, da sie meist erfahrene Segler sind. Die technische Umsetzung ist eine Herausforderung und wir müssen unsere Grenzen immer neu stecken. Die Entwicklung findet im vertrauensvollen Dialog zwischen uns, dem Architekten und dem Kunden statt.

Nexus: Wir haben mit dem Design der Atlantic 40 einen Weg für die Zukunft definiert. Wie kam es aus Ihrer Sicht zu der Zusammenarbeit?

Fimme Baarda: Wie Wessel es eben schon beschrieben hat, ist der Entstehungsprozess einer Atlantic-Yacht komplex. Ohne Zweifel endet der Prozess mit einem einzigartigen Produkt.
Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir auf lange Sicht unsere Qualität kompromisslos halten, aber effizienter herstellen können. Zwei Jahre bevor wir nexus kannten, haben wir mit einem Team von externen Ingenieuren unseren Fertigungsprozess analysiert. Das hat uns wichtige Einsichten verschafft, die dazu geführt haben, Ihnen den Folgeauftrag zu erteilen.

Nexus: Sie haben uns alle Freiheiten gegeben um zu analysieren, Ansätze zu sammeln und Konzepte aufzubauen. Was lag Ihnen besonders am Herzen?

Fimme Baarda: Unsere Produkte haben ihre eigene Linie. Wir haben hart gearbeitet, um unseren Kunden Schiffe zu bauen die anders und besser sind. Wir differenzieren uns von unseren Wettbewerbern und es ist uns enorm wichtig durch intelligentere und  bessere Lösungen zum Ziel zu kommen.
Wir möchten Tradition bewahren, aber neue Perspektiven sehen. Der Blick über den Tellerrand ist uns wichtig.

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Nexus: Der Ansatz der Designstrategie für die neuen Modelle ist eine Synergie von Innovation und Emotion, um dadurch u.a. Sicherheits- und Komfortaspekte ebenso wie die Manövrierbarkeit der Yacht zu maximieren. Im Gegenzug aber an anderer Stelle, Dinge zu integrieren oder gar wegzulassen. Was bedeuten solche Schritte für das Unternehmen?

Fimme Baarda: Wir glauben, dass der Wert und die wahre Größe von Segelyachten in Zukunft nicht mehr nur von der Anzahl der Schlafplätze in abgetrennten Räumen Unterdecks bestimmt werden. Die 40er zeigt, wie wir das in Zukunft lösen möchten. Varianten mit festem Kiel anzubieten beispielsweise, ist für uns ein großer Schritt, den wir ethisch prüfen mussten. Ist es dann noch eine Atlantic? Wir kommen zu der Antwort: Ja, das ist sie. Jedoch anders gedacht und eine wertvolle Ergänzung unseres Portfolios.

Nexus: Zum Raum Unterdecks: unsere Vision ist ein reduziertes, warmes und intelligentes Interieur, das als passe-partout für die Träume der Eigner fungiert. Wir haben versucht, das in der 40er Serie in Form einen neuen, modularen Baustruktur umzusetzen. Was erwarten Sie sich davon?

Wessel Veenstra: Das Konzept dieser Struktur ist sehr interessant und zukunftsweisend. Hiermit werden wir neue Fertigungsverfahren einsetzen können, die es ermöglichen schneller und einfacher zu produzieren. Um diese effizient zu nutzen, ist das Design die Basis unseres Prozesses.
Die 40er Serie ist für uns das Beispiel dafür, dass eine Yacht schon existiert,  bevor wir sie gebaut haben. Ob sie allerdings hält was sie verspricht, werden wir nur in der Praxis herausfinden können.

Fimme Baarda: Diese Struktur ist auch ein Mittel zur Kommunikation. Im Bauprozess haben wir Klarheit und die Fähigkeit, im frühen Stadium, Möglichkeiten und Grenzen aufzuzeigen und zu diskutieren. Wir können unsere Alleinstellungsmerkmale flexibler anbieten und somit einen größeren Kundenkreis ansprechen. Die Baustruktur der 40er Serie werden wir auch auf andere Modelle anwenden.

Nexus: Um unser Gespräch abzuschließen. Was bedeutet Design in Zukunft für Atlantic?

Wessel Veenstra: Unseren Kunden geht es um ihre Yacht. Oft gedacht als zweites Haus mit dem sie überall zuhause sein können. Wir möchten ihnen weiterhin als Manufaktur und Heimathafen begegnen. Das Design ist der ökonomische Knotenpunkt, in dem alles zusammenläuft und von dem aus wichtige Schritte gestartet werden sollten.

Fimme Baarda: So ist es, ja. Mit dem Design als Prozess können wir Innovationen den richtigen Platz zuweisen. Sie müssen unsichtbar funktionieren.

Nexus: Vielen Dank für das Gespräch und dieses schöne Schlusswort!

Wir verlassen die Stadt entlang einer Gracht mit malerischen Gebäuden
mit Treppengiebeln (1600 – 1800). Wieder gen Süden auf der A6. Berufsverkehr gibt es hier nicht, so scheint es. Frieslands flaches Land und der weite Horizont erinnern an die Philosophie dieses Projektes. Mit diesem Gefühl und neuer Inspiration, freuen wir uns auf den nächsten Besuch bei Atlantic und weitere spannende Projekte.

„Eine Atlantic darf sich mit Recht ein Schiff nennen“